«Babylon Bern»
04. und 05. September 2021
Reichenbachstrasse 112 | 3004 Bern
In Zusammenarbeit mit Dem Verein Mesela
Der Verein Mesela fördert den Austausch und die Vernetzung von Künstler:innen in der Schweiz und im Nahen Osten. Der Verein vernetzt das Wissen und die Fähigkeiten von Fachkräften aus Kunst, Architektur, Biodiversität und Restauration. www.mesela.ch
«Babylon Bern» war der Abschluss der «Jardins de Participation – die Corona Stages», die sich der Ermöglichung von kultureller Teilhabe in der Pandemie widmeten. In der magischen altrömischen Arena auf der Engehalbinsel (Adresse: Reichenbachstrasse 112) zelebrierten Maison du Futur und der Verein Mesela schweizerische und kurdische Kunstformen – und stellten zum Abschluss der Pandemie oder zu Beginn der vierten Welle nochmals das technische und performative System der Corona Stages vor. Mit einem Audio-Funksystem und desinfizierten Kopfhörern konnte weiterhin Abstand gewahrt werden, analog zum Prototypen-Jardin, der in Zürich im Max Frisch Bad seit Sommer 2020 in Betrieb ist.
«Babylon» ist ein vielseitiger Begriff. Er bündelt Urbanität, Dynamik und Fortschritt, ist für andere aber auch ein Schimpfwort und wird mit frauenfeindlicher, fremdenfeindlicher und antisemitischer Symbolik verunglimpft. Diesem ambivalenten Begriff wendet sich «Babylon Bern» zu, sowie auch babylonisch-biblischen Themen wie Turmbau, Hure Babylon, Verstädterung, Katastrophen und Mythen.
So stellte nicht nur der Verein Mesela seine Arbeit vor und präsentierte das Langzeit-Projekt «we are visible», bei dem zu Musik und Diskurs Ziegelsteine geformt wurden, sondern es spielten Berner Bands, es lasen Autor:innen und es wurden Filme gezeigt. Teilnehmen konnten da alle: Geimpfte, Ungeimpfte, Vulnerable, Gesunde, Alte und Junge.
Besonderes Augenmerk galt auch dem Ort «Babylon» – dem heutigen Kurdistan – und so wurden viele Verbindungen geschlagen. Unter anderem wurden Kunstwerke von Zehra Dogan präsentiert – einer der wichtigen künstlerischen und journalistischen Stimmen Kurdistans, der in Bern wohnhafte Künstler Serdar Mutlu stellte seine Arbeit vor, aber auch Texte des kurdischen Dürrenmatt-Übersetzers Sherzad Hassan wurden (zum ersten Mal auf Deutsch) vorgetragen (u.a. der zentrale Text «Lausanne»).
Der bildende Künstler Werner Neuhaus präsentierte im Rahmen von «Babylon Bern» die Skulptur «destroy&build».
Das vielseitige literarische und musikalische Programm wurde kuratiert vom Emmentaler Künstler Werner Neuhaus, der kurdischen Kultur-Vermittlerin Özlem Yasar, dem Lyriker Raphael Urweider und der Performerin Ntando Cele.
Es gab Präsenzen von: FEDA – Demokratische Aleviten Förderation, Michael Fehr, Sherzad Hassan, Mikki Levy-Strasser, Johannes Lortz, Werner Neuhaus, Bager Sen, Lyrikgruppe Babel (Laura di Corcia, Rebecca Gisler und Michelle Steinbeck), Silvia Tschui, Sandra Knecht, Raphael Urweider, Wanda Wylowa, Özlem Yasar und vielen anderen Künstler:innen und Performer:innen, die in der Pandemie Ausfälle zu erleiden hatten.
Gefördert durch
Bundesamt für Kultur, Kultur Stadt Bern, Kultur-, Bildungs- und Kulturdirektion Kanton Bern und Migros Kulturprozent.
Wer nicht vor Ort dabei sein kOnnTe, kOnnTe den gesamten Anlass online per Live-Stream verfolgen.
Das Maison du Futur stellt die digitale Teilhabe der analogen Teilhabe gleich. Deshalb ist es uns wichtig, dass Sie auch von zu Hause aus live dabei sein können. Und zwar mittels Audio-Stream via Mixcloud (u.a. auch geeignet, um zu uns zu spazieren) sowie auch mit einem Video-Stream, der das ganze Wochenende hier für Sie freigeschaltet war.
Programm
Samstag, 04. September 2021
11:00 Uhr
Cem Zeremonie durch FEDA – Demokratische Aleviten Förderation
13:00 Uhr
«we are visible»: Ziegelsteine bauen mit Werner Neuhaus & Özlem Yasar
ab 13:30 Uhr
Parallel zu «we are visible» Lesung der Gedichte von Nedim Türfent von Daniel Ludwig und Cemil Denli auf Deutsch und Kurmanci sowie Live-Schaltungen via Zoom in die kurdische Diaspora, Online Konzert von Farzan Darabi
15:00 Uhr
Lesung «Lausanne» von Sherzad Hassan, Gespräch via Zoom zu «Ein Engel kommt nach Babylon»
16:30 Uhr
Julia Röthinger (Centre Dürrenmatt) sprach über «Ein Engel kommt nach Babylon»
17:30 Uhr
Lesung von Silvia Tschui, mit Philipp Schaufelberger (Gitarre)
18:30 Uhr
Musikgruppe Ensemble VA aus Genf
19:30 Uhr
Filmvorführung «73» von Nazim Dastan über den Genozid der Eziden (OV, englische Untertitel)
20:00 Uhr
Showcase «Babylon Kunst»: Zehra Dogan, Serdar Mutlu, Werner Neuhaus, Johannes Lortz
20:30 Uhr
Mano Khahil stellte seinen Film «Nachbarn» vor
21:00 Uhr
Performance von Michael Fehr
22:00 Uhr
Konzert von Bager Sen und Nammou Musique
22:30 Uhr
Kopfhörerdisco mit Mitani
Sonntag, 05. September 2021
Weltweite Lesung für die Toten der Pandemie
11:00 Uhr
Pfarrer Andreas Urweider eröffnete den Tag
12:00 Uhr
Essen & Musik
13:00 Uhr
«we are visible»: Ziegelsteine bauen mit Werner Neuhaus & Özlem Yasar
13:30 Uhr
Parallel zu «we are visible» Screening von Nazim Dastans Film «Meju» (OV, deutsche Untertitel), Lesung der Gedichte von Ferhan Mordeniz und Präsentation der Fotos von Nazim Dastan aus Kobane
14:00 Uhr
Gedenkstätte Kobane: Vortrag und Live-Schaltung nach Kobane
15:00 Uhr
Präsentation von Zehra Dogans Graphic Novel «The Hidden Drawings» (auf Kurdisch: «XÊZÊN DIZλ)
16:15 Uhr
Lyrikgruppe Babel
Laura di Corcia, Rebecca Gisler, Michelle Steinbeck
17:00 Uhr
Begrüssung durch Ulrich Schreiber
(Literaturfestival Berlin)
17:05 Uhr
Lesung: Sandra Knecht «Babel», in musikalischer Begleitung der Harfenistin Lea Knecht
18:30 Uhr
Performance von Katja Brunner
19:15 Uhr
Uraufführung eines eigens für diesen Anlass geschriebenen Textes von Lukas Bärfuss von der Schauspielerin Ntando Cele (auf Englisch)
Kuration: Werner Neuhaus, Özlem Yasar, Raphael Urweider und Ntando Cele
Musik: Raphael Urweider
Lichtdesign und Szenographie: Mikki Levy-Strasser
Mitwirkende
Lukas Bärfuss
Lukas Bärfuss, 1971 in Thun geboren, arbeitet als Schriftsteller in Zürich und ist seit 2015 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Seine Werke wurden vielfach, darunter mit dem Berliner Literaturpreis 2013 und dem Schweizer Buchpreis 2014, ausgezeichnet. Er schreibt Romane («Hundert Tage», 2008; «Koala», 2014 und «Hagard», 2017) sowie Theaterstücke (u.a. «Die sexuellen Neurosen unserer Eltern», 2003; «Alices Reise in die Schweiz», 2005; «Frau Schmitz», 2016), die weltweit gespielt werden. 2015 und 2018 erschienen die Essaybände «Stil und Moral» und «Krieg und Liebe». Lukas Bärfuss neuestes Werk «Der Elefantengeist» wurde im September 2018 am Nationaltheater Mannheim uraufgeführt.
Katja Brunner
Katja Brunner, geboren 1991 in der italienischen Schweiz. Ihre Stücke wurden in acht Sprachen übersetzt und auf vier Kontinenten gespielt. Mit ihren Theaterstücken gewann sie diverse Preise, u.a. den Mülheimer Dramatikerpreis und den Förderpreis des Kulturpreises des Regierungsrates Zürich. Ihr Stück «Die Hand ist ein einsamer Jäger» ist ein drängender poetischer Appell, eine Anrufung vielgestaltiger Frauenkörper und eine mehrstimmige Kampfansage an vermeintliche Deutungshoheiten und wurde an der Volksbühne Berlin uraufgeführt. Ihr Text «Die Kunst der Wunde» ist zuende geprobt und harrt der Uraufführung am Schauspiel Leipzig. Sie ist Gründungsmitglied des Autorinnenkollektivs RAUF. Sie arbeitet als Dozentin für Performatives Schreiben an diversen Instituten und im Herbst 2021 kommt ihr Buchdebüt beim gesunden Menschenversand heraus.
Farzan Darabi
Farzan Darabi ist ein kurdisch-iranischer Musiker, Komponist und Songwriter, der seit über 25 Jahren kurdische Instrumente spielt. Er hat Musik an der Eshafan Highschool of Art studiert und dieses Studium 1997 abgeschlossen. Darabi spielt die kurdische Tanbour und nahm Unterricht bei namhaften kurdischen Musikern, u.a. Pour Nazeri, Shah Ebrahim und Allamezadeh. Seit 14 Jahren unterrichtet Darabi diese Kunst nun selbst, nebst kurdischer und iranischer klassischer Musiktheorie sowie dem Komponieren. Darabi trat bereits in verschiedensten Ländern auf. Bei seinem letzten internationalen Auftritt spielte er kurdische Volksmusik auf dem Bergen International Music Festival in Norwegen (BIMF 2018). Während seines Vertrags mit der UN performte er am World UN Day beim «Folkefesten at Trogallmenningen» Projekt. Momentan nimmt Darabi mit Künstlern aus Norwegen und Frankreich ein Album auf, welches kurdische Volksmusik mit Hard Rock vereint.
Ntando Cele
Die in Bern lebende südafrikanische Schauspielerin, Sängerin und Performerin Ntando Cele entwirft und entwickelt seit 2005 in Afrika und Europa verschiedene Theater- und Performanceprojekte. Auf der Suche nach ihrem eigenen Stil und einer unverwechselbaren Sprache verwischt ihre Arbeit auf einzigartige Weise die Grenzen zwischen Physical Theatre, Videoinstallation, Stand-up-Comedy und Performance. Auf humorvoll-charmante und gleichzeitig exaltierte Weise verhandelt Ntando Cele in ihren Projekten aus unterschiedlichen Perspektiven (schwarze und weisse) Identität, Rassismus, Stereotypen und Vorurteile.
Nazim Dastan
Nazim Dastan begann sein Studium 2010 an der Faculty of Communication Cinema and TV department der Antep Universität. Während seines Studiums arbeitete er als Korrespondent der DIHA News Agency. 2015 wurde er aufgrund seiner Berichterstattung verhaftet. Nach einer Gefängnisstrafe von einem Jahr arbeitete er weiter als Journalist. Während des Krieges in Syrien fotografierte er «Greeting Turkish soldiers with ISIS gangs at the border». Diese Fotografie wurde von der internationalen Presse umfangreich genutzt, weshalb er erneut in der Türkei verurteilt wurde. 2016 zog er daraufhin nach Rojava und verfolgte seine Arbeit als Journalist von dort aus weiter. Seine Artikel, welche den Krieg in Syrien analysieren und dokumentierten, werden weiterhin von der Mesopatamia Agency und verschiedenen anderen Medieninstitutionen veröffentlicht. Er verfolgte und dokumentierte 2014 auch den Ezidi Genozid durch Isid. 2018 gründete er zusammen mit Werner Neuhaus, Özlem Yasar und Samuel Schwarz den Verein Mesela. Er kombinierte seine Dokumentationen, Film- und Fotoarbeiten, an denen er seit 2017 arbeite, in der Ausstellung «Rojava-Transformation». Dastan veröffentliche viele Studien, Artikel Dokumentarfilme und Analysen über Nord-Ost Syrien.
Laura Di Corcia
Laura Di Corcia lebt im Tessin, wo sie als Lehrerin arbeitet und als Literatur- und Theaterkritikerin sowie als Dramatikerin mit verschiedenen Nachrichtenagenturen und Radios zusammenarbeitet. Sie veröffentlichte die Gedichtsammlungen «In tutte le direzioni» (LietoColle, 2018) und «Epica dello spreco» (Mailand, Dot.com Press Poetry) sowie die Biographie von Giancarlo Majorino in Form eines Interviews «Vita quasi vera di Giancarlo Majorino» (Mailand, La Vita Felice, 2014), einem der wichtigsten italienischen Dichter des 20. Jahrhunderts und Gründer des Mailänder Gedichthauses. Einige ihrer Texte wurden für eine Anthologie italienischer Dichter in Amerika ausgewählt, die von Professor Luigi Ballerini kuratiert wurde. Ihre neue Gedichtsammlung erscheint im September beim Verlag TLON für die Reihe Controcielo, die Autoren wie Charles Simic, Ben Lerner und Anne Carson veröffentlicht hat.
Zehra Doğan
Zehra Doğan, geboren 1989 in Diyarbakir, Türkei, studierte Bildende Künste an der Dicle Universität und ist Mitbegründerin von JINHA, der ersten türkischen Nachrichtenagentur, in der ausschließlich Frauen arbeiteten. Von 2010 bis zur Schliessung von JINHA durch die türkische Regierung im Jahr 2016 wirkte sie dort mit. Während der Kriege im Irak und in Syrien betrieb sie Berichterstattung von beiden Fronten und gehörte zu den ersten Journalistinnen, welche über die Yezidi Frauen berichteten, die von ISIS im nördlichen Irak versklavt wurden. Während der Konflikte in den kurdischen Gebieten der Türkei versuchte Doğan aus Cizre und Nusaybin zu berichten, wo von der nationalen Regierung eine Ausgangssperre verhängt wurde und journalistische Tätigkeiten verboten waren.
Aufgrund ihrer Berichterstattung und einer Aquarellmalerei wurde sie im März 2017 wegen «Verbreitung terroristischer Propaganda» zu zwei Jahren, neun Monaten und 22 Tagen Haft verurteilt. Ihre Arbeiten wurden im August 2016 auf dem Douarnenez Film Festival in Frankreich und auf zahlreichen Ausstellungen in Europa gezeigt. Während sie 2017 nach ihrer ersten Festnahme auf ihr Urteil wartete, organisierte sie eine Ausstellung in Diyarbakir, mit dem Titel «141» (die Anzahl der Tage, die sie im Gefängnis verbrachte), in der sie die Bilder zeigte, welche sie im Gefängnis gemalt hatte. 2017 publizierte sie «Les Yeux grands ouverts», gefolgt von einer Korrespondenz während ihrer Inhaftierung, «Nous aurons aussi de beaux jours», im Jahr 2019. 2018 war sie Ehrenmitglied der PEN Webseite. Am 16 März 2018, enthüllte der Englische Street-Art-Künstler Banksy ein 20 Meter langes Wandgemälde in New York, das eine Strichliste zeigte, die für die Tage der Inhaftierung Doğans steht. Die Markierungen sind auch das Gefängnisgitter, hinter denen das Gesicht der Künstlerin gemalt ist. Gegenüber der New York Times sagte Banksy: “Ich fühle mit ihr… Ich habe Dinge gemalt, die viel eher eine Freiheitsstrafe verdient hätten.”
FEDA – Demokratische Föderation der Aleviten
Ziel der FEDA ist die Förderung des alevitischen Glaubens, der alevitischen Kunst und Kultur und der Völkerverständigung. Die FEDA definiert den Alevismus als uralten Glauben und betrachtet ihn nicht als Anhang, Ergänzung oder Konfession irgendeiner Religion. Im Gegenteil: sie sieht den Alevismus als eigenständigen Glauben an und setzt sich für eine gesamtheitliche Institutionalisierung ein. Sie organisiert Schulungen, Panels, Seminare und Konferenzen in ihren Glaubenshäusern, genannt Dergah, in denen auch die Glaubensrichtungen innerhalb des Alevitentums unter dem Motto „Yol Bir Sürek binbir – Einheit in Vielfalt“ als Diskussionsthemen behandelt werden.
Michael Fehr
Michael Fehr wurde 1982 in Bern geboren, studierte am Schweizerischen Literaturinstitut Biel und am Y Institut der Hochschule der Künste Bern. Michael Fehr bezeichnet sich als Erzähler. Er verfolgt seine Ideen, schafft poetische, rhythmische, gleichsam musikalische Erzählwerke sowie Songs.
Rebecca Gisler
Rebecca Gisler, geboren 1991 in Zürich, ist Absolventin des Schweizerischen Literaturinstituts und des Master-Studiengangs in Création Littéraire an der Universität Paris 8. Sie schreibt auf Deutsch und auf Französisch und übersetzt ihre Texte von einer Sprache in die andere. 2020 erhielt sie den Preis für Prosa beim 28. Open Mike Literaturwettbewerb. Im August 2021 ist ihr erster Roman «D’oncle» in französischer Sprache bei dem Verlag éditions Verdier erschienen.
Sherzad Hassan
Sherzad Hassan wuchs in der kurdischen Stadt Erbil in einer muslimischen Familie auf. Als Dreizehnjähriger begann er zu rebellieren und fing, obwohl noch minderjährig, gegen den Willen seiner Familie damit an, westliche Literatur und im Irak verbotene Bücher zu lesen. Er studierte an der Universität Bagdad Geisteswissenschaften und machte seinen Abschluss in Englischer Literatur im Jahr 1975. Zahlreiche Werke wurden von ihm aus dem Englischen ins Kurdische übersetzt, darunter «Ein Engel kommt nach Babylon», Friedrich Dürrenmatt. Gemeinsam mit anderen Autor*innen seiner Generation gründete er in Sulaymaniyah eine neue intellektuelle Strömung, hauptsächlich durch das Halten von Seminaren, und schuf dadurch bisher unbekannte Artikulationsmöglichkeiten. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Literatur in Kurdistan. Als Islamkritiker stellt er die Grundwerte des Islam in seinen Essays und Vorträgen oft in Frage, weswegen gegen ihn die fatwa ausgesprochen wurde. Vehement setzt er sich für die Rechte der Frauen ein, spricht Tabuthemen wie die Sexualität, Korruption und auch Ehrenmord an und stellt sich gegen das im Land herrschende Erziehungssystem.
Mano Khalil
Mano Khalil, 1964 in Qamishli, Syrien geboren, ist ein syrisch-kurdischer Kameramann, Regisseur und Produzent. Er studierte von 1981 bis 1986 in Damaskus Jurisprudenz und Geschichte sowie 1987 bis 1994 Regie an der FAMU in der Tschechoslowakei. Danach arbeitete er als freier Mitarbeiter für das tschechische und auch das slowakische Fernsehen. Seit 1996 lebt er in der Schweiz. 2012 gründete er die Firma Frame Film GmbH.
Sandra Knecht
Sandra Knecht, geboren 1968 in Zürich, ist eine Künstlerin, die das Kochen als zentralen Bestandteil ihrer Arbeit einsetzt. Sie studierte an der Schauspielakademie Ulm und an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie lebt und arbeitet zwischen Buus und Basel. Bis 2011 war sie unter anderem als Theater- und Performance-Regisseurin am Theater Neumarkt in Zürich tätig. Sie stellte im Helmhaus, in der Shedhalle, in der Kunsthalle Basel, im Kunsthaus Zürich, dem Kunsthaus Baselland. in der Galerie Idea Fixa und an der Skulpturenbiennale Weiertal aus. Sie hat unter anderem an der Biennale in Venedig, an der Art Basel, im Museum Tinguely, im KKL Luzern, so wie am Locarno Film Festival ihre Esshappenings gekocht. Auch verantwortete sie das Art directing der Kampagne von «Boeuf Sous Vide», diese erzielte den Art Director Preis Schweiz in der Kategorie PR. 2016 gründete sie das Kunstprojekt Chnächt am Basler Industriehafen. Das Projekt zielte darauf ab, ein erweitertes Verständnis von „zu Hause“ und „Identität“ zu formulieren und zu erforschen. Der Chnächt wurde mit dem Werkbundpreis in Deutschland ausgezeichnet.
Lea Magdalena Knecht
Lea Magdalena Knecht schloss ihr Studium an der Musik-Akademie der Stadt Basel bei Ursula Holliger 1993 mit dem Lehr- und Orchesterdiplom ab. Bereits 1992 hatte sie eine Volontariatsstelle im Sinfonieorchester Basel und im Radio- Sinfonieorchester Basel erhalten. 1997 erlangte sie ihr Konzertreifediplom bei Eva Guibantif an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Seit 1998 spielt Lea Magdalena Knecht als Solo-Harfenistin im Sinfonieorchester argovia philharmonic. Des Weiteren spielt sie als Gastharfenistin in zahlreichen Orchestern u. a. im Tonhalle Orchester Zürich, CHAARTS, Zürcher Kammerorchester ZKO. Dank ihrem Engagement in verschiedenen Kammermusikformationen und als Solistin weist sie ein breitgefächertes Repertoire auf. Nebst ihrer Unterrichtstätigkeit an der Musikschule Zürcher Oberland MZO und der Musikschule Konservatorium Zürich MKZ realisiert sie mit Schüler*Innen multimediale Projekte in ihrem MusikFilmAtelier und den Ensembles. Durch die Arbeit mit ihren Schüler*innen ist sie regelmässig inspiriert, Neues auszuprobieren und den jungen Menschen einen vielseitigen Zugang zur Musik zu ermöglichen. Hierfür komponiert und arrangiert sie unter anderem leidenschaftlich gerne übungsbezogene Werkstücke. Mit der E-Harfe komponiert und performt sie live seit Kurzem auch elektronische Musik die sich stilistisch zwischen Barock und technoiden Beats einordnen lässt.
Mikki Levy-Strasser
MLS ist Eventdesigner, Bühnen- und Kostümbildner. Er absolvierte 2014 den Bachelor in Kunst mit Schwerpunkt Szenographie an der ZhdK. Während seines Studiums war er Teil von mehreren Theaterproduktionen am Theater Neumarkt als Bühnen- und Kostümassistent; Zusammenarbeit mit Milan Peschel, Barbar Weber und Laura Koerfer. Im Jahr 2015 wurde MLS Kostümassistent am Theater Basel und arbeitete mit Thom Luz, Julia Hölscher und Robert Borgmann. Seit 2017 ist er als selbständiger Bühnen- und Kostümbildner tätig und ist, zusammen mit Laura Koerfer, Teil von Hyperlokal, einem Off-Space für Theater und Performance. Dank seines Interesses am Nachtleben begann MLS mit der Organisation verschiedener lokaler Veranstaltungen. Er war Teil des Festivals Château Jolifanto und RW9, die in einem Schloss in Burgund (FR) stattfanden, und spielt eine Hauptrolle beim Lila Queer Festival, das von Milchjugend initiiert wurde. MLS ist in verschiedenen Positionen an Erlebnissenen im Nachtleben beteiligt, sowie massgeblich für das Design und das Booking bei den Anlässen des Maison du Futur zuständig.
Johannes Lortz
1980 in Deutschland geboren, in Kanada aufgewachsen und Einbürgerung in die Schweiz mit 16. Dann Matura, Zivildienst, Reitschul-Sozialisation, Ausdauerlauf, Jobs und Uni, Bildnerisches Gestalten, Bildende Kunst und Suchtarbeit. Seit 20 Jahren in Bern wohnhaft.
Serdar Mutlu
Der kurdische soziopolitische Konzeptkünstler Serdar Mutlu (1988) hat Bildende Kunst in Istanbul studiert. Aufgrund der politischen Situation in seinem Heimatland emigrierte er 2017 in die Schweiz. In Lagern in Griechenland und in der Schweiz dokumentierte er Geschichten Geflüchteter, die er miterlebte, als «Aufzeichnungen des sozialen Gedächtnisses» mittels Fotografie und Zeichnungen, in denen er die Menschen in ihre Geschichten projektiert. Der Künstler fasst den menschlichen Körper als Sinnes- und Kommunikationsorgan, Speicher und Archiv auf, der dieses Material sammelnd und bewahrend zugänglich macht. Gegenwärtig studiert Serdar Mutlu im Master Curatorial Studies an der Zürcher Hochschule der Künste. Er ist Gründungsmitglied des Kunstzentrums «Ji Sanat» in Istanbul und lebt derzeit in Bern.
Werner Neuhaus
1970 in Lyss/Bern geboren, schloss Werner Neuhaus 1995 seine Lehre in Alpsennerei und Viehhaltung ab. Während dieser Zeit besuchte er bis 1992 auch die Gestaltungsschule M+F in Luzern, bis 1994 die Bildhauerschule in Müllheim und absolvierte ein Praktikum als Bildhauer im Atelier Schwarz in Herzogenbuchsee. Seitdem hat er diverse Fortbildungslehrgänge im Zeichnen und im dreidimensionalen Gestalten an der Schule für Gestaltung in Bern absolviert. Seit 1996 arbeitet Neuhaus als Freischaffender Künstler mit eigenem Atelier. Von 2002 bis 2012 arbeitete er als Hirte und Senn im Alpsommer auf diversen Alpen. Er gründete den Verein Mesela zum interkulturellen Austausch zwischen Menschen im Nahen Osten und der Schweiz im Jahr 2019. Heute lebt und arbeitet er in Zollbrück «Auf dem Wanner».
Julia Röthinger
Julia Röthinger studierte Germanistik und Soziologie an der Universität München und promovierte 2017 mit einer Arbeit über «Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt in den Konstellationen ihrer Zeit». Seit 2020 ist sie als Wissenschaftlerin am Centre Dürrenmatt Neuchâtel (CDN) tätig. Sie forscht zu den intertextuellen Verweisspielen im Werk Dürrenmatts sowie zur Komplementarität seines literarischen und bildnerischen Schaffens. Zudem betreut sie die dreibändigen Edition «Wege & Umwege mit Friedrich Dürrenmatt» (Steidl/Diogenes) und hat jüngst die Podcast-Serie «Friedrich Dürrenmatt: Schriftsteller und Maler» veröffentlicht.
Michelle Steinbeck
Michelle Steinbeck ist Autorin, leitende Redakteurin der Fabrikzeitung und Kolumnistin der WOZ. In der Spielzeit 2021/22 ist sie Hausautorin am Theater Basel. Von ihr erschienen 2016 der Roman «Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch» und 2018 der Gedichtband «Eingesperrte Vögel singen mehr». Ihre literarischen und journalistischen Texte wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Sie ist Mitbegründerin des Autorinnenkollektiv RAUF.
Silvia Tschui
Silvia Tschui (1974), die diese Kurzbio selbst schreibt, hat ausser Leichenwaschen in sämtlichen Klischee-Jobs geschuftet, die es für Autoren nur so gibt. Sie war für den British Animation Award und den Bachmann-Preis nominiert und hat beide Male in die Röhre gekuckt. Ihr erster Roman «Jakobs Ross» wurde vom Theater Neumarkt inszeniert und wird aktuell verfilmt. Ihr zweiter Roman «Der Wod» ist noch viel besser, findet sie selber, und sollte millionenfach gekauft und natürlich sofort ebenfalls verfilmt werden. Am besten auf Netflix mit mindestens hundert Staffeln, damit sie nicht mehr Lohnschreiben muss. Sie lebt mit ihrer Familie in Zürich.
Philip Schaufelberger
Philip Schaufelberger (1970), dessen Kurzbio ebenfalls Silvia Tschui schreibt, ist der beste Schweizer Jazzgitarrist aller Zeiten. Das findet nicht nur Silvia Tschui, das fanden auch berühmte US-Jazz-Übercats wie Michael Brecker, Kenny Wheeler und Dewey Redman, mit denen Schaufelberger getourt hat. Und Schweizer Musiker stehen sowieso Schlange, darunter Jürg Halter, Harald Härter oder Pierre Favre und viele mehr. So spielt er in unzähligen hochkarätigen Formationen, komponiert für Theater und Hörspiele und seine «Fizrok Show» war jahrelang regelmässig auf Radio Lora zu finden. Auch er lebt mit seiner Familie in Zürich.
Andreas Urweider
geboren 1946, war zuerst zehn Jahre Pfarrer in Guttannen, danach dreissig Jahre an der Stadtkirche Biel. Schweizweit bekannt wurde der in Meiringen aufgewachsene Urweider durch seine Radio- und Fernsehpredigten – vorgetragen in urchigstem 'Haslitiitsch' – und durch Kunstaktionen: in den letzten Jahren auch ab und zu zusammen mit seinem Sohn, dem Lyriker und Theatermann Raphael Urweider.
Raphael Urweider
Der Sohn des reformierten Pfarrers und Schriftstellers Andreas Urweider wuchs in Schattenhalb auf und besuchte die Schule in Biel. Nach dem Abitur studierte er Germanistik und Philosophie an der Universität Fribourg. Er lebt heute in Bern. Urweider ist Lyriker, der auch als Musiker und Rapper (etwa mit der HipHop-Gruppe L'Deep als Bidrmaa) auftritt und in seinen Texten häufig von unterschiedlichsten sprachspielerischen Techniken Gebrauch macht. Mit Samuel Schwarz verfasste er zwei Theaterstücke, die am Maxim-Gorki-Theater und am Hamburger Schauspielhaus zur Uraufführung gelangten. Urweider war von 2008 bis 2010 Ko-Leiter des Schlachthaus Theater Bern. Er ist Preisträger des Leonce-und-Lena-Preises, des Buchpreises des Kantons Bern, der Schweizerischen Schillerstiftung, des Förderpreises zum Bremer Literaturpreis, des 3sat-Preises beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, des Buchpreises der Stadt Bern, des Clemens Brentano-Preises und des Literaturpreises des Kantons Bern.
Wanda Wylowa
Nach der Matura besuchte Wanda Wylowa die Theaterhochschule in Zürich. Seit 1999 ist sie Mitglied von 400asa. Als Darstellerin arbeitete sie mit Meret Matter, Ruedi Häusermann, Tim Zulauf und Samuel Schwarz zusammen. Sie war u.a. am Schauspielhaus Zürich, am Theater Basel, an der Bayerischen Staatsoper München engagiert und gab u.a. Gastspiele an der Volksbühne Berlin. Sie spielte in Schweizer Filmen u.a. als Hauptrolle in den Kinofilmen «Ferienfieber» (2004), «Strangers» (2016) und «Die fruchtbaren Jahre sind vorbei» (2019). Wylowa spielte in den SRF Fernsehproduktionen «Tatort», «Bestatter», «Lüthi und Blanc», «Friends» sowie «Deville Late Night». 2014 gewann sie den Schweizer Fernsehfilmpreis als beste Nebendarstellerin für «Der Hamster». Wylowa wirkte im Transmedia-Projekt und Kinofilm «Der Polder» (2012) und bei «Antigone» an der Gessnerallee mit (Regie: Ann Liv Young). 2017/2019 war sie im Hauptcast der SRF-Serie «Seitentriebe» (Güzin Kar).
Özlem Yasar
Özlem Yasar wurde 1977 in Iskenderun (türkisch-syrische Grenze) geboren und ist Gründerin des Vereins Mesela, der sich dem künstlerisch-kulturellen Austausch und der Vernetzung zwischen der Schweiz und dem Nahen Osten zuwendet. Sie lebt in Langentha und ist Lehrerin von Beruf. Yasar hat langjährige Erfahrung in den Bereichen Migration, Integration, und Flüchtlingsbetreuung. Sie kennt das kurdische Gebiet von mehreren Aufenthalten und setzt sich für dessen Wiederaufbau in materiellen und sozialen Belangen ein. In ihrem soziokulturellen Schaffen setzt sich Yasar mit den Fragen des gesellschaftlichen Wiederaufbaus in Kriegsgebieten, den Idealen und Utopien des kollektiven Gedächtnisses sowie mit Gedenkstätten auseinander. Im Rahmen des Projekts «we are visible» beschäftigt sie sich in Zusammenarbeit mit Werner Neuhaus in Sulaymaniyah intensiv mit der Thematik der Symbolik und des künstlerischen Ausdrucks als politischem Protest mit den Mitteln von Holzskulpturen und Lehmziegeln.